Gottes Neue Offenbarungen

Die Haushaltung Gottes
Band 1

Die Urgeschichte der Menschheit

- Kapitel 82 -

Seth verweist Henoch das Wort der Wahrheit

Als aber Adam solches vernommen hatte aus dem Munde Henochs, da erschauerte er im Herzen; denn die Anspielung auf Cahins aus schwarzer Eigenliebe verübten Brudermord riß ihm die alte Wunde auf, daß er darob fast kein Wort leichtlich über seine fiebernden Lippen zu bringen vermochte und somit schwieg und bebte.
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Es trat aber alsbald Seth zum Henoch und sagte: ,,Lieber Henoch, das hättest du nicht tun sollen, daß du dem alten Vater Adam nun eine so gefährliche Angst und Trauer bereitet hast durch die etwas unbesonnene Anspielung auf Cahins Untat; gewiß hättest du ihm dieses alles auf eine ganz andere, unmerklichere Art beibringen können! Siehe, es ist das erste Mal, daß ich mich genötigt fühle, dir etwas zu verweisen; für ein künftiges Mal aber lege bei solchen Gelegenheiten deine Worte auf die Waage der Billigkeit, damit sie den Vater trösten, aber nicht betrüben mögen! Du selbst bist es, der uns allzeit Liebe und Sanftmut lehrt; aber befolge erst selbst recht genau, was du uns lehrst, - dann erst wird deine Lehre voll Segen, Kraft und Macht über unsere Herzen gewinnen! Amen."
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Henoch aber, der Mir still im Herzen dankte für das Wort, das er zu Adam geredet hatte, war hoch erstaunt über diese Zurechtweisung, - sagte kein Wort dagegen, sondern wandte sich alsogleich wieder zu Mir und bat Mich, daß Ich ihm anzeigen möchte, was da aus der kurzen Rede Seths werde zu machen sein.
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,,O heiliger, liebevollster Vater, der Du schaust im hellsten Lichte alle Finsternisse der Welt", fing Henoch an, im Herzen zu Mir zu beten und zu bitten, ,,Du weißt es, daß ich Dein heiliges Wort ohne Zusatz und ohne Wegnahme getreu dem Adam verkündigte! Wie ist es, daß es der so würdige Vater Seth so uneben aufgefaßt hat?
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Konnte ich doch unmöglich anders sprechen, als Deine unendliche Liebe es mir gegeben hat!
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Auch war Seth eben erst Zeuge, wie Du, o Jehova, den Adam von seiner Mattigkeit befreit hast und hast ihn gestärkt in jeder Fiber seines Lebens!
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O heiliger Vater, der Du voll Liebe und Erbarmung bist, zeige meinem unbedingtesten Gehorsame gegen Deinen heiligsten Willen an, woher das rührt, und wie die Sache beim Seth wieder völlig gutgemacht werden möchte! Ich, Dein armer, schwacher Henoch, gelobe Dir in meinem Dich über alles hochliebenden Herzen, daß auch nicht ein Haar meines Hauptes sich rühren soll ohne Deinen heiligsten Willen! Amen."
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Alsbald aber erblickte Henoch eine Flammenschrift im Herzen, und da stand es geschrieben: ,,O Henoch, warum sorgst du dich darum?! Das Herz ist noch nicht verständig in allem, wenn nicht das ganze Herz voll erfüllt ist von der ewigen Liebe; wenn aber diese kommen wird, dann wird auch der Seth die Steine und alles Gras, Pflanzen, Sträucher und Bäume wohlvernehmliche Worte miteinander wechseln hören.
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Du aber schweige vorderhand, und laß deinen Schüler für dich das Wort führen! Amen."
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Seth aber, da er auf diese seine Mahnrede den Henoch keine Miene zum Reden machen sah, fing sich selbst über Hals und Kopf im Herzen zu befragen an, was das doch sein möchte, daß nun alles wie verstummt geworden ist; aber auch sein eigenes Herz blieb stumm. Und so war der Seth genötigt, sich wieder an den Henoch zu wenden und ihn zu fragen, warum er ihm auf die frühere Einrede nichts erwidert hätte.
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Henoch aber sagte voll Hochachtung und Liebe: ,,O würdiger Vater Seth! Hat wohl das Kind ein Recht, sich gegen die Ermahnung eines Vaters aufzulehnen?! Du hast mir das Wort Gottes zwar verwiesen, das ich habe aussprechen müssen; allein, wenn du mit mir redest im Namen des Herrn, kann und darf ich dir Frage, Antwort und freie Rede bieten! So du aber als Vater im Tone eines Lehrers mit mir redest, siehe, dann ist es meine kindliche Pflicht, dir unbedingt zu gehorchen, zu schweigen und im eigenen Herzen mich aber alsbald mit der Liebe Jehovas zu vereinen. Siehe ahnungsvoll, aber furchtlos hin auf den Redner, den das Tier trägt; denn so will es nun der Herr, daß dieser euch vorderhand meine Stelle vertreten soll! Frage ihn, und er wird euch die geziemendste Antwort geben im Namen Dessen, der ihn dazu berufen hat! Amen."
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Diese sehr bescheidene Äußerung Henochs machte den biederen Seth ganz verstummen. Aber dafür löste sie dem Adam wieder die Zunge, und dieser sprach zu Seth: ,,Aber geliebter Sohn! Du, den mir Jehova an Ahbels Stelle gegeben zum Troste, sage mir, was mochte denn doch dein Herz also geblendet haben?
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Des Herrn heiliges Wort vermochtest du dem Sprecher Gottes zu verweisen - und hast dich doch erst kaum zehn Augenblicke vorher überzeugt, wie wunderbar es mich gestärkt hat!
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Das Wort aus dem Munde Henochs, ausgehend vom Herrn bezüglich der Kinder, hat bei mir ein neues Wunder gewirkt, welches höher steht denn Cahin und Ahbel!
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Wahr ist es, die Eigenliebe Cahins und die gleiche Versteinung dieser Kinder durch meine Schuld hat in der Rede Henochs mich stark verletzt; allein es war aber ja auch ebenso notwendig, daß es mich also verletzt hat, denn sonst wäre ich ja unmöglich je zur vollen Heilung der alten, stets brennenden Wunde gekommen wie eben jetzt! Denn wo der Herr verwundet, da heilt Er wunderbar; wo aber Menschen sich gegenseitig einen Schaden zufügen, - wahrlich, wenn der Herr Sich ihrer, wie jetzt meiner, nicht erbarmt, in Ewigkeit würden sie gegenseitig den Schaden nicht wieder gutmachen!
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Ich habe gesündigt an meinem treuen Weibe im Paradiese, und der Erstgeborene ward mir zur großen Wunde, - und bis jetzt vermochte ich die Wunde nicht zu heilen! Vor dreihundert Jahren schon hatte ich die Kinder hart gesondert und sehe erst jetzt ein, daß ich dadurch Gift in meine alte Wunde gestreut habe.
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Der Herr nahm mir jetzt das Gift und heilte mir die alte Wunde durch Henochs Wunderworte. Warum hast du dich denn eher an der Liebe vergriffen, bevor du ihren Wundersinn in deinem Herzen erkannt und erschaut hast?
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O Seth, o Seth, sieh zu, daß dir der Herr nicht wieder nimmt aus dem Herzen, was Er dir schon so herrlich gegeben hat! Für ein nächstes Mal aber höre zuvor jeder auf meine Stimme, und wen ich da zu meiner Unterstützung bescheiden werde, der komme und helfe mir! Allein bei Gelegenheiten, wie diese ist, wo der Herr doch so augenscheinlich mit uns zieht, ist es wohl durchaus nicht nötig, daß wir uns unaufgefordert helfen wollen, da doch die allerbeste Menschenhilfe soviel wie nichts ist gegen die wahre, unaussprechliche Hilfe des Herrn durch Sein allmächtiges Wort, welches nicht ist wie ein menschliches Wort, sondern welches da allzeit ist eine vollbrachte Tat für alle Ewigkeiten der Ewigkeiten.
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Und somit, lieber Seth, erkenne deinen Irrtum vor dem Herrn; falle hin zur Erde und bitte den Herrn um die Gnade und Erbarmung, auf daß Er dich wieder ansehen möchte! Amen."

Fußnoten