Biographisches Evangelium des Herrn von der Zeit an, da Joseph Mariam zu sich nahm
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8. Januar 1844 |
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 n kurzer Zeit waren die königlichen Kleider für die Tullia herbeigeschafft, und sie ward mit denselben angetan, wie schon voran bemerkt ward.
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Maria aber nahm ihr Kleid wieder, wusch es, und behielt es dann wieder für sich.
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Cyrenius wollte der Maria freilich wohl auch königliche Kleider dafür geben;
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aber Maria wie Joseph lehnten solches feierlichst von sich ab.
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Da aber die Eudokia sah die Tullia in ihrer wahren Königspracht, da ward es ihr doch schwer ums Herz, daß sie heimlich zu seufzen anfing.
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Aber das Kindlein sprach leise zu ihr: ,,Eudokia, Ich sage dir, seufze du nicht der Welt wegen, sondern seufze du deiner Sünde wegen, so wirst du besser fahren!
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Denn siehe, Ich bin mehr als Cyrenius und Rom; hast du Mich, dann hast du mehr, als besäßest du die ganze Welt.
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Willst du aber Mich vollkommen haben, dann mußt du bereuen deine Sünde, der zufolge du unfruchtbar wurdest.
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Wirst du aber in Liebe zu Mir deine Sünde bereuen, dann erst wirst du nach dem Maße deiner Liebe zu Mir erkennen, Wer Ich so ganz eigentlich bin!
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Wann du Mich aber erkennen wirst, dann wirst du glücklicher sein, als wärest du die Gemahlin des Kaisers selbst!
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Denn siehe, der Kaiser muß starke Wachen halten, auf daß er nicht vom Throne vertrieben wird.
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Ich aber bin Mir allein genug! Geister, Sonnen, Monde, Erden und alle Elemente sind Mir gehorsam; und dennoch brauche Ich keine Wachen und lasse Mich von dir dennoch auf den Armen tragen trotz dem, daß du eine Sünderin bist!
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Daher sei ruhig und weine nicht; denn du hast empfangen, was der Tullia abgenommen ward, da sie empfing die königlichen Kleider!
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Und das ist endlos mehr als jene goldschimmernden Königskleider, welche tot sind und den Tod bringen,
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während du das Leben auf deinen Armen trägst und den Tod ewig nimmer schmecken wirst, so du Mich liebst!" -
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Diese Worte des Kindleins wirkten so sehr heilsam auf das Gemüt der Eudokia, daß sie vor gar großen Freuden hoher seligster Verwunderung zu weinen anfing.
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Maria aber bemerkte, daß die Eudokia in Freudentränen ihre Augen badete, ging darum zu ihr und fragte sie:
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,,Holde Eudokia, was wohl ist dir, darum ich süße Tränen in deinen Augen entdecke?"
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Und die Eudokia erwiderte nach einem tiefen Wonneseufzer:
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,,O du glücklichste der Mütter auf der ganzen Erde! Siehe, dein Kindlein hat zu mir wunderbar geredet!
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Wahrlich, nicht sterbliche Menschen in all ihrer Weltgröße, sondern nur Götter können solcher Worte fähig sein!
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Großer Gedanken und Ahnungen ist nun voll meine Brust. Wie aus einer verborgnen Tiefe steigen sie in mir gleich wie helle Sterne aus dem Meere empor; und darum weine ich vor Entzückung!"
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Maria aber sprach: ,,Eudokia, gedulde dich nur, nach den Sternen wird auch die Sonne kommen; in ihrem Lichte erst wirst du erschauen, wo du bist! - Aber nun stille, denn Cyrenius kommt hierher."
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